Suche
Close this search box.
Suche
Close this search box.

Kernfusionsexperiment Wendelstein 7-X

grosses Montagetor in der Halle von Wendelstein

Teile diesen Beitrag

Stellungnahme des BUND Mecklenburg-Vorpommern

– BUND Mecklenburg-Vorpommern sieht nicht heilbare Defizite beim Strahlenschutz – Betriebsgenehmigung für „Wendelstein 7-X“ wäre strafrechtlich relevant – McKinsey-Studie belegt Nichtfinanzierbarkeit der Kernfusion

Das Institut für Plasmaphysik (IPP) der Max-Planck-Gesellschaft in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) schließt am kommenden Dienstag mit einem Festakt offiziell die Aufbauphase des Kernfusionsexperimentes „Wendelstein 7-X“ ab und tritt nach eigenen Aussagen in die „Vorbetriebsphase“ des Experimentes ein. Aus diesem Anlass erneuert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, seine umfassende Kritik an dem bisherigen Errichtungsprozess des Vorhabens. Das IPP hat auch bis zum heutigen Tag die Auflagen der behördlichen Errichtungsgenehmigung aus dem Jahr 1997 nicht vollständig erfüllt. So wurde die spezielle Betonrezeptur für den Strahlenschutzbeton nicht, wie geplant und genehmigt, angemischt und überwacht, wurden die Strahlenschutztore komplett fehlkonstruiert, wurde ungeeigneter Baustahl verwendet.

Arndt Müller vom Landesvorstand des BUND Mecklenburg-Vorpommern:

„Unsere bereits 2012 geäußerten Kritikpunkte haben an Aktualität nichts verloren. Im Gegenteil: je intensiver wir die Akten aus dem Errichtungsprozess für Wendelstein 7-X sowie das bisher letzte Strahlenschutzgutachten studieren, desto mehr wächst unsere Gewissheit, dass der Schutz der Menschen – in erster Linie der MitarbeiterInnen des Instituts – vor gesundheitsgefährdender Strahlung nicht gewährleistet ist. Derzeit versucht das IPP die völlig chaotischen Zustände bei der Qualitätssicherung des Strahlenschutzbetons durch immer neue und immer wieder andere Rechenmodelle zu relativieren. Selbst der TÜV SÜD legte zuletzt im Auftrag der Genehmigungs- und Kontrollbehörde, des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern 2013 ein Strahlenschutzgutachten vor, das mehr Fragen provoziert, als es beantwortet.

Derzeit weist vieles darauf hin, dass die Strahlensicherheit des Fusionsexperimentes aufgrund der vielen Mängel und Fehler im Errichtungsprozess nicht mehr im Vorfeld einer Betriebsgenehmigung nachgewiesen werden kann, sondern erst ein Testlauf und die Messung der frei werden Strahlung Gewissheit bringen würde. Allerdings hat die Genehmigungsbehörde ein solches Vorgehen bereits öffentlich ausgeschlossen. Wenn aber der Strahlenschutz der Anlage nicht schlüssig im Vorfeld ihres Betriebs nachgewiesen werden kann und auch ein Testlauf ohne zuvor gesicherten Strahlenschutz nicht genehmigungsfähig ist, dann bleibt nur eine Schlussfolgerung: Wendelstein 7-X wird nie in Betrieb gehen können. Die Genehmigungsbehörde steckt deshalb seit geraumer Zeit in einem Dilemma, trägt sie doch auch eine Mitverantwortung daran, dass der Strahlenschutz bis heute nicht fachgerecht umgesetzt wurde. Sollte eine Betriebsgenehmigung trotz der weiter bestehenden Mängel erteilt werden, so wäre dies aus unserer Sicht sowohl für die Behörde als auch für das IPP strafrechtlich relevant.”

Neben den zahlreichen sicherheitstechnischen Fragen um Wendelstein 7-X, steht aus Sicht des BUND Mecklenburg-Vorpommern auch weiterhin die Frage, ob die Forschung an der Kernfusion eine zukunftsfähige Investition ist, für die die Gesellschaft wie bisher große Summen aufbringen sollte. Berechtigte Zweifel an der Finanzierbarkeit der Kernfusion werden durch eine Studie von McKinsey & Co, einem der weltgrößten Unternehmens- und Strategieberatungsunternehmen genährt, die dem BUND Mecklenburg-Vorpommern vorliegt und die sich mit den weltweiten Zukunftsaussichten der Kernfusion beschäftigt. Darin zeigt ein Expertenteam auf, dass erst bei einem weltweiten Bestand von 256 Fusionskraftwerken ein Strompreis erzielt werden könnte, der annähernd konkurrenzfähig wäre. Zudem wäre der Aufbau eines solchen Kraftwerksparks nur mit einer jährlichen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln von 5 bis 30 Milliarden Euro möglich. Hinzu kommen noch die gewaltigen Baukosten für jedes Kraftwerk, die zu Beginn noch 15 Milliarden Euro (für ein 3 Gigawatt-Kraftwerk) und noch beim Bau des 64.Kraftwerks 7,9 Milliarden Euro betragen würden. All diese Szenarien würden natürlich nur greifen, wenn es überhaupt aus technischer Sicht jemals gelingt, die Kernfusion zu beherrschen und daraus Energie zu gewinnen.

Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist völlig klar, dass die Realisierung der Kernfusion für den Fall, dass sie jemals beherrscht wird, jede Volkswirtschaft ökonomisch überfordern würde. Zudem sind folgende Relationen beeindruckend: Derzeit kostet uns die Energiewende pro Jahr 20 Milliarden Euro. Mit dem sich damit vollziehenden Ausbau der Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien erbringen wir schon heute eine massive Reduktion des CO2-Ausstoßes – Tendenz steigend. Schon heute sind in der gesamten EU-27 rund 300 Gigawatt Erneuerbare für die Bereitstellung von Strom installiert. Die reinen Errichtungskosten für nur ein einziges Fusionskraftwerk mit der Leistung von 3 Gigawatt würden hingegen allein 15 Milliarden Euro betragen. Angesichts dieser Relationen erübrigt sich aus unserer Sicht jegliche weitere Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Kernfusionsforschung. Sie ist aus unserer Sicht sträflich verbranntes Geld.“

—————————————

Für Rückfragen: Arndt Müller, BUND M-V, Tel. 0177-5084174

Mehr Informationen, u.a. mit einer Plausibilitätsprüfung des BUND M-V zum Strahlenschutzgutachten des TÜV SÜD 2013 finden Sie hier.

BUND Landesverband Mecklenburg-Vorpommern
Wismarsche Straße 152
19053 Schwerin

Tel.: 03 85 / 52 13 39 0
Fax:  03 85 / 52 13 39 20
E-Mail: bund.mv@bund.net
Internet: www.bund-mv.de

Bild: BUND M-V

Mehr zu entdecken

Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich bei Ihrem Konto anzumelden.